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STORY OF THE ISLANDS BEGINS... VORWORT

Die Geschichte der Inseln beginnt …


Die Wasser begannen zu steigen. Anfangs so langsam, dass die Menschen es ignorierten und einfach weiterlebten wie bisher. Doch dann begann das, was als „der grosse Anstieg“ bekannt ist. Wasser strömte von allen Seiten heran, verschlang die Küsten, drang in die grossen Städte ein und kletterte die Seiten von Metallstrukturen hinauf, als würde Silber auf Silber treffen. Es durchtränkte die trockenen Wüsten tief


im Inneren der Kontinente, die sich über Meilen erstreckten. Schliesslich überflutete es allen Lärm, allen Schmutz, alle Gier, die einst war und nun in die mächtigen, blauen Tiefen verbannt ist, wo sie sicher irgendwann vergessen sein wird. Als das Wasser endlich aufhörte zu steigen, waren nur noch Inseln zu sehen, die weit und breit über die Oberfläche lugten.


Das ist unsere Geschichte. Wir sind die Menschen der Inseln.



 

KAPITEL 1 // EPISODE 1 – JUL


Sie rannte. Der Morgennebel hing noch schwer über dem Feld. Sie rannte den vertrauten Hügel hinauf, wo die Kiefern einen natürlichen Schutzwall bildeten, der das Dorf von den offenen Dünen und dem Wind trennte. Sie rannte und spürte die Kiefernnadeln unter ihren nackten Füssen. Die frühen Morgenstunden gehörten nur ihr allein, Momente, in denen sie ihre Insel mit niemandem teilte. Sie eroberte sie ganz für sich. Als der Wind gegen ihren nur halb bekleideten Körper schlug, erschauerte sie. Doch immer noch nicht so kalt, wie es draußen auf dem offenen Meer sein musste, für jene, die gesegelt und nie zurückgekehrt waren.


Endlich kam sie den Hügel hinunter, dorthin, wo die dunklen Wellen besitzergreifend an den Strand rissen und versuchten, mehr von der Insel zu erobern. Ohne anzuhalten warf sie ihren Pullover ab, bereit, das kalte Wasser zu spüren. Dann stürzte sie sich hinein. Für einen Moment war die Kälte verschwunden, ebenso das Tosen der Brandung. Es gab nur sie, die die Dunkelheit durchbrach, hinein in die Ruhe. Wie seltsam empfänglich das zornige Meer direkt unter der Oberfläche war.


Jul schwamm rebellisch so tief, wie ihr Atem es zuliess, und tauchte dann schnell wieder auf, um die salzige Luft über ihr tief einzuatmen. Diese morgendlichen Schwimmzüge gaben ihr das Gefühl, das allgegenwärtige Meer unter Kontrolle zu haben.


Das Meer, das nahm und das gab, ohne Sinn oder Grund.


 

KAPITEL 1 // EPISODE 2 – ZUHAUSE


Was ist Heimat? Es gibt ein altes Sprichwort: „Heimat ist, wo das Herz ist.“ Aber was, wenn mein Herz irgendwo weit weg ist, jenseits der Horizontlinie, wo andere Inseln liegen? Manche sagen: „Heimat ist, wo du sie schaffst“… Bedeutet das, wo wir bauen? Oder wo wir überleben? Wir sind Inselmenschen, unsere Heimat sind wir selbst, wir alle zusammen. Es spielt keine Rolle, ob wir die anderen jenseits des Horizonts sehen, es genügt zu wissen, dass sie dort sind. Heimat ist kein Haus, denn ein Haus kann einstürzen. Heimat ist kein Ort, denn ein Ort kann verschwinden. Heimat sind wir. Du und ich. Das ist die einzige Heimat, die wir kennen.


Lass mich dir erzählen, wie wir hierhergekommen sind, damit auch du verstehst, wohin du unterwegs bist.


Vor langer Zeit ragten grosse Städte in den Himmel, immer höher, anfangs schüchtern, dann stolz, immer schneller aufsteigend und alles um sich herum verschlingend, sogar die Herzen derer, die sie bauten. Die Menschen der Vergangenheit wollten den Himmel besitzen. Mit ihrer Technologie glaubten sie, das zu können. Doch in ihrem Übermut und ihrer Gier haben sie vergessen, dass sie nur ein Teil des grossen Kreislaufs des Lebens sind. In ihrer Gier stahlen sie von anderen im Kreislauf, von den Tieren, den Fischen, den Vögeln, den Pflanzen und vom Wind und der Sonne. Über Jahrhunderte hinweg ignorierten sie den Aufschrei ihrer Mitgeschöpfe und der Atmosphäre. Die Erde erwärmte sich in Wut unter ihnen. Die Wasser kochten mit Säure um sie herum. Die Menschen der Vergangenheit begannen zu merken, dass etwas nicht stimmte, aber es war zu spät, das Wasser begann bereits zu steigen.


Zuerst stieg es langsam, dann immer schneller, drang in die Betonschächte der Städte mit schäumender Wut ein, verschlang alles, erstickte den Staub, die Habgier… den Lärm…

So sind wir hierhergekommen. Die Inseln, die letzten verbleibenden Flicken Land, das ist unser Dasein.

Wir, die Menschen der Inseln, sind die erste Generation, die weitergeht. Wir leben nach einem neuen Kodex:


Wir erinnern uns an die Vergangenheit, damit wir die Fehler nicht wiederholen, aber wir sind nicht arrogant genug zu glauben, dass wir keine neuen machen werden.


Wir geloben täglich, jedes Lebewesen und jedes unbelebte Element zu achten, im Wissen, dass sie wie wir Teil des grossen Kreislaufs des Lebens sind.


Wir anerkennen, dass es Energien gibt, die mit eigener Absicht wirken, sei sie uns bekannt oder unbekannt.


Wir nehmen täglich Stellung, unseren Planeten, unser Herz, unser Zuhause zu teilen.


Mein Name ist Jul.

Ich bin Teil der ersten Generation, und das ist meine Heimat.

Ich bin von den Inseln.


 

KAPITEL 1 // EPISODE 3 - AUF SICH ALLEIN GESTELLT


Sie liess ihre Hand unter Wasser gleiten und beobachtete, wie die Flüssigkeit für einen Moment ihre Finger umhüllte, um dann wieder im Becken zu verschwinden. Jul nutzte das salzige Wasser, das nach ihrem morgendlichen Schwimmen an ihr haften blieb, um den Gemüsegarten zu giessen. Nichts sollte verschwendet werden. Oft betrachtete sie den stillen Wasserhahn über dem Becken, ein Relikt der


Vergangenheit, und fragte sich, was die Menschen früher dazu getrieben hatte, einennie endenden Fluss von Wasser zu benötigen. „Nimm nur, was du brauchst, und gib die gleiche Menge zurück.“

Dies war eine der Regeln, nach denen die Menschen auf den Inseln lebten. Sich nahtlos in das lebendige Ökosystem einzufügen, ohne dessen Fluss zu stören. Diese Logik beruhigte Jul.


Das Morgenlicht strömte bereits durch die grossen Glastüren herein und signalisierte den Beginn des Arbeitstages auf der Insel. Jul würde ihn damit verbringen, sich um ihre Schafe zu kümmern. Diese Schafe lieferten den Älteren Wolle, die sie spinnen konnten, während sie beisammensassen und sich unterhielten. Sie lieferten Milch und Fleisch für die Lebensmittelerzeuger der Insel. Sie lieferten Lanolin, damit die Heiler Salben herstellen konnten. Die Schafe gaben Jul ein starkes tägliches Ziel und eine

Aufgabe.


Sie wusste immer, dass ihr Platz auf der Insel war. Trotzdem schmerzte es, als ihre Eltern fortsegelten, als sie noch ein kleines Mädchen war. Sie waren Ingenieure, auf anderen Inseln wurden sie gebraucht, um zu bauen und zu erneuern, Wissen zu teilen und zu bündeln, um ein neues Verständnis vom Bauen zu entwickeln. Alles musste sorgfältig durchdacht werden, um die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen.


Sie mussten segeln. Und es tat doch weh. Egoistisch. Menschlich.


Vor zwölf Monaten war ein weiterer Mensch gesegelt. Er, den sie liebte. Es war an der Zeit für ihn, jenseits des Horizonts weiter zu lernen und Chemie zu studieren. Sie konnte seine grauen Augen noch immer vor sich sehen, wie zwei kleine Salzwassertümpel, vom Ganzen getrennt. Sehnsüchtig, wie das Meer, das sanft gegen die Bretter des Schiffes schlug. Sie wusste, dass er zum Aufbruch bestimmt

war. Sie hoffte nur, dass das Meer ihn bald zurückgeben würde. Der dünne goldene Ring an ihrem Finger markierte sein Versprechen, zurückzukehren. Ihr Alchemist. Viele waren gesegelt, doch sie war nie versucht, einen neuen Ort aufzusuchen. Sie wusste, dass sie auf ihrer Insel gebraucht wurde – um die Schafe zu hüten, sich um die Älteren zu kümmern, den Kindern von ihrer Insel zu erzählen. Um sicherzustellen, dass die Wellen die Insel nicht für sich beanspruchten. Und schliesslich musste jemand bleiben, um die wieder zu empfangen, die fortgesegelt waren und eines Tages zurückkehren würden. Sie hoffte, dass es bald sein würde.


Das Meer nimmt, und das Meer gibt.

 

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